Später Kinderwunsch - Chancen und Risiken

Verlag: Zuckschwerdt; Auflage: 2. A. (Oktober 2006)

Preis: 19,90

ISBN-10: 3886039005

ISBN-13: 978-3886039005

Immer mehr Frauen und Paare verschieben ihren Kinderwunsch ins vierte, wenn nicht fünfte Lebensjahrzehnt. Welchen Risiken setzen sie sich damit aus und welche Chancen erwachsen ihnen daraus? Dieser Fragestellung gehen die Münchener Medizinjournalistin Petra Ritzinger und Prof. Ernst Rainer Weissenbacher vom Klinikum München-Großhadern nach.

Anhand zahlreicher Studien, die es inzwischen zu den einzelnen Themenkomplexen wie Schwangerschaftkomplikationen, Fehlbildungen, Frühgeburt und Fertilität gibt, untermauern die Autoren die Pros und Contras der späten Mutterschaft.

Pränataldiagnostik, sowie Präimplationsdiagnostik mit einem Ausblick auf künftig Mögliches und in anderen Ländern schon Durchführbares finden in den letzten Kapiteln Gehör.

Ein Glossar erklärt Fachbegriffe, wobei die Definition Multipara als „Mehrgebärende, insbesondere Frauen, die mehrmals Kinder geboren haben“, äusserst verwirrend ist. Sachlichkeit spricht aus dem, vom Umfang her, angenehmen 180 Seiten-Werk, dessen Brüche zum einen in der Umschlaggestaltung liegen: Eine dralle Hochschwangere darf ihre Scham zeigen und zum anderen in der Nichterfüllung des journalistischen Standards nach Objektivität: Dem Kaiserschnitt ist ein ganzes Kapitel gewidmet, während die natürliche Geburt in einem Untertitel, aber dann auch nur wieder im Zusammenhang mit der OP, in der Fragestellung „Natürliche Geburt oder Kaiserschnitt?“, Erwähnung findet.

Medizinische Ratschläge wie der Hinweis, einen Blutdruck von 135/90 mmHg als normal zu bezeichnen oder durch salzarmes Essen und Reistage die Schwangere geradewegs in einen manifesten Hypertonus laufen zu lassen, ließen mich zusammenzucken.

Die gesamte Studierzeit über ertappte ich mich immer wieder bei der Frage, wen sich dieses Buch als Leser wohl wünscht: Fachpersonen, die sich, gut und leicht lesbar, über den neuesten Stand informieren möchten oder gar Frauen/Paare, die sich, inzwischen auf den gewünschten Sprossen der Karriereleiter angekommen, endlich mit dem Thema ihrer eigenen Reproduktion befassen könnten? Letztere lieber nicht, empfiehlt die Hebamme in mir, sofern, hier ist eine Differenzierung unabdingbar, sich die Frau nicht in den Kaiserschnitt hineinberaten lassen will, denn selbst Sätze wie: „Nach einer risikoarmen Schwangerschaft sollte eine Sectio grundsätzlich nicht empfohlen werden“ verwässern gleich anschließende Sätze wie: „Möchte die Patientin jedoch einen Kaiserschnitt, sollte dem Wunsch nachgegeben werden.“ Da hilft auch die Anführung nichts, dass die Schere immer weiter auseinanderklafft, zwischen Wunschkaiserschnitt und Hausgeburt. In diesem Zusammenhang wurde übrigens, sehr bezeichnend für die Essenz des ganzen Buches, durchgängig geburtsmedizinisch, der Berufsstand der Hebamme ein einziges Mal erwähnt.

Ebenso ist mit dem Hinweis für Spätgebärende, sich frühzeitig in eine Schwangerenvorsorge zu begeben, mit der „genauso großen Chance ein gesundes, normal entwickeltes Kind zur Welt zu bringen wie jüngere Frauen, wenn sie medizinisch optimal betreut werden“, der sehr gut dokumentierte Euphemismus einer (Spät)Abtreibung zu entlarven, denn was ist die Intention dieses Buches?

Heutige Spätgebärende sind in der Regel gesünder als ihre Altersgenossinen vor ein paar Jahrzehnten. Je höher die soziale Schicht, in der sie leben, um so stärker kommt dieser Aspekt zu tragen. Sie verhalten sich diszipliniert, ernähren sich gesund und bewegen sich ausreichend. Nichtsdestotrotz können sie nicht das Rad der Zeit zurückdrehen.

Somit trägt dieses Buch, dem Zeitgeist, auch der Bussi-Bussi-Gesellschaft entsprechend bei, Frauen und Paare ihre späte Elternschaft nicht als Herausforderung, als Möglichkeit der Reifung nahezubringen, zu der z. B. auch die Auseinandersetzung mit einem behinderten Kind gehören KÖNNTE, sondern als gut zusammengetragener Ratgeber in Richtung Check-Up auf weitergehende Entfernung von uns Menschen in Richtung Maschinen, der Diskriminierung von Eltern, die sich für das Leben ihres behinderten Kindes entscheiden und der, eben von Ärzteseite propagierten und gut bezahlten Auslesemöglichkeit: Diese sollte meiner Meinung nach jedem Paar auch offenstehen, dann aber mit wahrhaftiger Sprache als solche erkennbar!