Selbstbestimmung der Frau in Gynäkologie und Geburtshilfe

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 1 (Mai 2003)

Preis: 23,90

ISBN-10: 3899711033

ISBN-13: 978-3899711035

Wie bedauerte ich nicht die Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing im Herbst 2001 besucht zu haben, nachdem ich den Beitrag in der DHZ dazu las. Wie freute ich mich, als mir dieses Buch mit der Bitte um Rezension zugeschickt wurde mit eben den Beiträgen dieser Tagung!

Die Referenten Beate Schücking, Ulrike Hauffe, Isabelle Azoulay, Birgit Reime, Ingrid Schneider, Magda Telus und Marsden Wagner bündeln in den sehr interessant zusammengestellten Kapiteln ihr Wissen zum Thema Selbstbestimmung der Frau in Gynäkologie und Geburtshilfe. So kommt die Geburtshilfe ebenso zum Zuge, wie die HET(Hormonersatztherapie) und die Reproduktionsmedizin.

Die AutorInnen hinterfragen wie selbstbestimmt heutige Mädchen und Frauen der Medizin begegnen (können) und geben Fingerzeige zu den entstandenen Zwängen. Wie kann die Vorenthaltung von Informationen die Selbstbestimmung von Frauen z. B. vor der Geburt maßgeblich begrenzen? Wie fällt die Bilanz des langjährigen Gesundheitsexperten der WHO Marsden Wagner zur Entwicklung der Geburtshilfe aus? Immer wieder berühren mich seit Jahren schon die Ausführungen der Philosophin und Soziologin Isabelle Azoulay und ihrem vehementen Einsatz für die Periduralanästhesie und den Kaiserschnitt ohne medizinische Indikation im Sinne der Selbstbestimmung der Frau. Auch in diesem Referat vermeine ich eine zutiefst, vielleicht auch von ihrer Geburt, verletzte Frau, zu spüren, die noch nicht einmal im Ansatz das wahrgenommen zu haben scheint, was ich bei meinen Geburten erfahren habe. Entweder konnte sie es nicht durch die (mangelhafte) Begleitung, oder sie wollte nicht, was ihr gutes Recht ist! So würde ich mich fühlen, wenn ich in meinem Gebären zutiefst verletzt und behindert worden wäre: Meiner Gebärpotenz beraubt. Gebären als Naturkatastrophe oder etwas Animalisches zu bezeichnen finde ich korrekt, aber nicht in dem negativen Sinne, den die Referentin anführt. Schließlich birgt auch Sexualität animalische Züge. Wird das in unserer Gesellschaft ebenfalls als etwas negatives hingestellt? Warum so viel Kontrolle, wenn es auch einmal schön sein kann die Kontrolle zu verlieren, für ängstliche Gemüter: sie abzugeben? Das setzt allerdings eines voraus: Vertrauen. In uns selbst und in die Menschen, die uns begleiten. Womit wir bei der absoluten Stärke des von mir als unumwunden empfehlenswert eingestuften Buches wären: Dem kritischen Blick auf die Grenzen der technischen Machbarkeit hin zum genauen Schauen und Kennenlernen unseres weiblichen Körpers. Nicht schnelle Abgabe an Technik und Medizin, sondern tiefe Hingabe in und an uns selbst. Erst wer das als professionelle Begleiterin von Frauen selbst erfahren hat, kann dies glaubwürdig weiter geben.