Der lange Weg ans Licht, Film

Was für ein herrlich skurriler Film! Endlich mal keine Soap und kein voyeurhafter Dokumentarfilm rund um das Thema Geburt! Dem Regisseur Douglas Wolfsperger ist hier ein wirkliches Kleinod gelungen, wenn man auf langsame Kameraführung und den Blick nach innen steht.  Akteure sind unter anderem die bibelfeste, zeitweise etwas melancholische, freiberufliche Hebamme Edelgard Hertel, zwei Geburtshaushebammen, werdende Eltern, Klinikhebammen, so wie verschiedene Originale, wie eine Künstlerin und ein Uhrmacher aus dem Ort Meerane bei Chemnitz. Meistens wird rund um die Themen Schwangerschaft und Geburt berichtet. Die besondere Würze des Films liefern – sozusagen als running gag – zwei Oberärzte der geburtshilflichen Abteilung einer Klinik in Chemnitz. Schön an Wolfspergers Film ist, dass der genaue Blick auf die verschiedenen Menschen zwar schonungslos ist, aber niemals schmerzhaft wird. So agieren beispielsweise die beiden Oberärzte wie unbedarfte Kinder vor der Kamera. War diese Art von Humor notwendig, um gut durch die DDR-Zeit zu kommen? Doch manche Äußerung scheint dann doch der durch die Linse verstärkten Eitelkeit zuzuschreiben zu sein. Allein die Szene, bei der der eine Arzt dem anderen eine Toilette der frisch renovierten Abteilung vorführt, lädt zum mehrmaligen Anschauen ein. Sie ist Loriotreif! Und dann die zwei Geburtshaushebammen – schwelgend zwischen Geburtstuch, Uterusfarbe und Geburtsmusikplingpling. Herr Wolfsperger hier halten Sie uns Hebammen wirklich den Spiegel vor. „Was machen Hebammen eigentlich“, möchte man in den Fernseher hinein rufen und „können die nicht mal in, immerhin, fünf Sätzen ihren Beruf prägnant erklären“? Könnte dies vielleicht ein Grund sein, weshalb wir Hebammen öffentlichkeitswirksam noch nicht wirklich in der Neuzeit angekommen sind?

Der Film lebt von Brüchen. So widerspricht sich der eine Oberarzt. Zunächst preist er die Vorteile der Klinikgeburtshilfe und wählt dafür auch Schadensfälle zur Abschreckung. Später relativiert er und erklärt 90 Prozent aller Geburten für unproblematisch und arztüberflüssig und spricht der „alternativen“ Geburtshilfe – allerdings ohne sie zu definieren - ihre Berechtigung zu. Und die freiberufliche Hauptakteurin Hertel pendelt zwischen ihrer Hebammenpraxis in Meerane und ihrem ehrenamtlichen Einsatz in Tansania. Bezeichnend, wie sie beschreibt, wie die Käferhaltung bei den tansanischen Frauen von deutschen Hebammen „eingeführt“ wurde und sich Hertel nun bemüht, wieder aufrechte Gebärhaltungen salonfähig zu machen. Ebenso beklagt sie sich über die fehlende Sozialisation der Hausgeburtshilfe in Ostdeutschland und beschreibt als Hausgeburtskind deren Niedergang zu DDR-Zeiten. Ein klein wenig kann man sich dabei des Eindrucks nicht erwehren, dass da auch ein bisschen viel Ernst und Trauer in dieser herzensguten Hebamme stecken. Sie erscheint durch die Linse im Umgang mit den Tansaniern zumindest viel näher bei sich, viel lebendiger, authentischer. 

Wer unter anderem die Thematik Klinikgeburtshilfe und außerklinische Geburtshilfe mit dem Blick von außen beleuchtet sehen will, trifft hier auf einen kurzweiligen, manchmal ernsten und oft amüsanten Film.