Abgebrochene Hausgeburt

Abgebrochene Hausgeburt aufgrund grünen Fruchtwassers und fehlender Wehentätigkeit

Am Samstag wachte ich bereits um 3 Uhr nachts auf, wie auch schon die drei letzten drei Nächte. Diesmal stand ich allerdings auf, denn um 5 Uhr wollte ich nach Frankfurt fahren, um meinen Freund vom Flughafen abzuholen. Endlich, fünf Tage vor errechnetem Geburtstermin, sollte er uns nach Deutschland folgen, wo ich mit meiner zweijährigen Tochter bereits sechs Wochen zuvor schon gelandet bin, da wir zur Hausgeburt gerne hierher zurück kehren

 

Um 7 Uhr landete sein Flieger von Miami, um 8 Uhr konnten wir uns endlich wieder in die Arme schließen. Da er sehr müde war, denn einen Tag vorher war er von Jamaika nach Miami geflogen und hatte ebenfalls nur sehr wenig Schlaf abbekommen, übernahm ich auch die zweistündige Rückfahrt.

 

Um 10:30 Uhr kamen wir in meinem Elternhaus an, wo unsere Tochter bereits sehnsüchtig auf ihren Papa wartete. Den Tag verbrachten wir mit meiner Mutter. Unsere Tochter wollte gern bei ihrer Oma übernachten und so gingen wir am Abend allein in unsere kleine Wohnung unweit von ihr entfernt und genossen unsere Zweisamkeit.

 

Nach einem gemeinsamen Bad gingen wir zu Bett, beide erschöpft von den vielen fast schlaflosen Nächten in letzter Zeit.

 

Um 0.30 Uhr wachte ich auf und fühlte mich sehr nass zwischen den Beinen. Ich stand auf um auf die Toilette zu gehen, Wasser lief mir an den Beinen hinunter und ich dachte: >Das ist aber ziemlich viel für übrig gebliebenes Badewannenwasser.<

 

Aufgeregt ging ich zurück ins Schlafzimmer, weckte meinen Freund und meinte, dass ich mir nicht sicher sei, aber ich glaubte meine Fruchtblase sei geplatzt.

Ich wusste nicht, wie sich das anfühlen sollte, denn meine erste Tochter wurde in kompletter Fruchtblase geboren…

Ich stellte mich in die Badewanne und es tropfte nur so aus mir heraus, es sah grünlich aus und ich dachte: >Das kann nur Fruchtwasser sein!< und „grünlich“ war bestimmt kein gutes Zeichen.

Ich entschied mich dafür, meine Hebamme doch lieber anzurufen und binnen 20 Minuten war sie auch schon bei uns.

Sie testete die Flüssigkeit und stellte fest, dass es sich wirklich um Fruchtwasser handelte und schrieb ein CTG, das leider sehr eingeschränkt war. Ich wusste zwar, dass es meinem Baby gut ging denn bis nur wenige Minuten zuvor hatte es sich quicklebendig bewegt, aber nun wollte es einfach nicht aufwachen. Das Fruchtwasser lief immer noch aus mir heraus und ich bekam keine Wehen. Unter diesen Umständen musste sie mich leider ins Krankenhaus verweisen, wo sie gleich anrief, um mich anzumelden.

Für mich brach eine Welt zusammen, denn genau das wollte ich NIE erleben (zur Geburt ins KH) – noch einmal gingen mir die schönen Erinnerungen an die Bilderbuchhausgeburt meiner ersten Tochter durch den Kopf, als sei es erst gestern gewesen und irgendwie fühlte ich mich wie in einem bösen Traum, aus dem ich nun nur noch aufwachen wollte.

 

Kurz vor halb drei Uhr nachts kamen wir im KH an, bekamen einen Kreissaal und ich wurde direkt ans CTG gehängt. Die diensthabende Hebamme war zwar sehr nett, aber gar kein Vergleich zu meiner persönlichen Hebamme! Die Ärztin war mir weniger sympathisch, was aber auch aus meiner Abneigung gegen unser örtliches KH und dessen Ärzte allgemein herrühren konnte.

Nach einigem Hin und Her entschlossen wir uns erst einmal hier zu bleiben, wir erhofften uns so zu mehr Schlaf zu kommen, als wenn wir nun wieder nach Hause fahren würden.

Leider war dem nicht so, um 5:30 Uhr bekam ich wieder ein CTG, anschließend eine Akupunktur um zur Ruhe zu kommen und Aromatherapie zur Anregung der Wehentätigkeit, da ich darauf drängte zuerst natürliche Methoden ausprobieren zu wollen, bevor die Geburt künstlich eingeleitet werden müsste.

Außerdem bekam ich großen Hunger, leider konnte mir niemand etwas zu Essen besorgen – also musste ich bis zum Aufbau des Buffets um 7.30 Uhr warten, wo ich mir dann kaum zu essen wagte aus Angst vor dem, was mir noch bevorstehen könnte – immer wieder gingen sämtliche Szenarien von Einleitung bis Kaiserschnitt durch den Kopf und das ich mich vielleicht furchtbar übergeben müsste (obwohl das bei der Geburt meiner ersten Tochter überhaupt nicht der Fall war).

Inzwischen hatte auch ein Schichtwechsel stattgefunden.

Um 8 Uhr wurde ich bereits wieder an das CTG gehängt. Dabei bekam ich dann eine Akupunktur zur Anregung der Wehentätigkeit. Auch an meinem „Riechtuch“ schnüffelte ich immer noch rege aber es wollten sich einfach keine Wehen einstellen.

Um 9.30 Uhr versuchten wir es auch mit einem Einlauf, aber außer, dass ich diesen kaum halten konnte und ausgerechnet jetzt jemand aus dem Nachbarzimmer auf mein Klo ging, brachte er auch nicht mehr als Unbehagen.

Also wurde um 10.15 Uhr vom (jungen) Oberarzt ein US gemacht, bei dem festgestellt wurde, dass es Baby noch gut ging –ach, das wusste ich auch so. Er erklärte mir auch, dass ich eine Wassergeburt (mein Wunsch) nicht haben könnte, da es angeblich für mein Kind aufgrund des grünen Fruchtwassers zu gefährlich sei. Na prima, dabei hatte mir das Wasser damals bei der Geburt meiner ersten Tochter sämtliche Schmerzen genommen, na das kann ja was werden…

Um kurz vor 11 Uhr kam dieser Arzt in meinen Kreissaal, führte eine unangenehme vaginale Untersuchung durch und verabreichte mir nach Absprache die geringste Dosis Prostaglandin.

Immer wieder rief ich zwischendurch meine Hebamme an, erstens um mich zu versichern, dass auf dem Weg zum geringsten Eingriff keine Möglichkeit ausgelassen wurde, zweitens weil ich nur ihr vertraute und drittens weil es mir einfach gut tat ihre Stimme zu hören und sie bei mir zu wissen.

Natürlich wurde ich auch wieder für nun 2 Stunden ans CTG gehängt. Denn so lange sollte ich nun nicht aufstehen, damit das Mittel seine Wirkung entfalten konnte. Es nervte mich schon lange und ich fragte mich wie man, so angekettet, überhaupt Wehen bekommen sollte. Diese stickige Krankenhausluft und überhaupt das ganze Ambiente regten nicht gerade zum Kinderkriegen an – dabei wollte ich es so gern einfach nur hinter mich bringen damit wir so schnell wie möglich wieder zu uns nach Hause können, um uns endlich zu viert in unser gemütliches Familienbett zu schnuckeln und endlich auszuschlafen… Ständig sprach ich zu meinem Baby und bat es uns endlich anfangen zu lassen. Immer wieder erinnerte ich mich an die wunderschöne Hausgeburt meiner ersten Tochter und fragte mich warum nur mein zweites Kind nicht genauso harmonisch in diese Welt hineingeboren werden darf. Warum all diese Künstlichkeit wo doch die Natur das Beste vorgesehen hat? Und dann kam auch die zweite Hebamme mit dem Spruch: „Dieses Kind hat es sich eben so rausgesucht!“ Na klar, weil mein Kind in einem Krankenhaus das Licht der Welt erblicken will, ganz unschonend ohne in sein Element hineingeboren zu werden und weil es von einem Arzt in Gummihandschuhen angefasst werden möchte… Was bilden die sich überhaupt ein?

Um kurz vor 12 bekam ich endlich Wehen, ganze drei bis vier Stück in der Stunde. Ich bettelte danach endlich mal hinausgehen zu dürften, ich wollte zwischen den CTGs nicht länger nur auf dem Gang herumlaufen, ich kam mir vor wie ein Löwe im Zoo der in seinem Käfig auf und ab läuft. Ich brauchte frische Luft und so verabredeten die Hebamme und ich eine Zeit zur Rückkehr und mein Freund und ich nahmen uns bei der Hand, liefen die Treppen hinunter und draußen die Hänge am Berg hinterm KH hinauf. Hierbei sprachen wir über meine Ängste (die ich von der ersten Geburt überhaupt nicht kannte) und ich setzte mich sogar mit dem Kaiserschnitt auseinander. Ich wollte einfach nur, dass es endlich rum ist. Ich wollte nach Hause.

Zurück auf Station hieß es wieder CTG – danach durften wir noch mal raus laufen. Hierbei einigten wir uns dann auch auf einen Namen.

Um 16.30 wurde wieder ein CTG gemacht (es wurde immer besser) und um 17 Uhr kam der Arzt. Ich erklärte, dass ich immer noch Wehen hätte und schummelte indem ich zwei mehr pro Stunde hinein schmuggelte, als ich tatsächlich hatte. Deswegen bekam ich die gleiche (geringste) Dosis Prostaglandin erneut und wieder bekam ich zwei Stunden CTG obendrauf.

Wie schön hätte ich diese Zeit mit meiner Tochter verbringen können, ich vermisste sie total obwohl sie mich mittags noch zusammen mit meiner Mutter besuchen kam.

Anschließend sollte ich eine Stunde Pause bekommen und dann wieder CTG, aber mein Freund handelte uns eine Pause von zwei Stunden nach dem Abendessen aus, damit wir wenigstens noch einmal versuchen konnten zu schlafen, denn das gelang uns bisher immer noch nicht. Schichtwechsel hatte inzwischen auch längst wieder stattgefunden.

Er schlief, ich lag wach und musste erst auf Toilette und bekam dann so starke Wehen, dass ich schon hineinatmen musste. Aber immer noch lagen etwa 15 bis 20 Minuten dazwischen und die Wehen selbst waren auch nur ca. 40 Sekunden lang. Na das konnte ja noch was werden…

Um 21.30 Uhr weckte ich meinen Freund, ich erzählte ihm das ich bereits schwere Wehen hätte und die Hebamme gleich wieder mit dem CTG kommen würde. Daraufhin stand sie auch schon in der Türe, die gleiche wie aus der Nacht zuvor, und schaute mir zu wie ich im Zimmer hin und her lief. Jetzt wäre ich gerne in den Geburtspool gestiegen. Wir fragten nach einem mobilen CTG, da mir das Laufen viel besser tat und ich es im Sitzen (geschweige denn im Liegen) kaum aushalten konnte.

Sie brachte das CTG, es gelang ihr aber nicht es im Stehen anzuschließen sodass ich mich wieder hinlegen musste. Nach dem Anschließen lief ich wieder im Raum umher, die Hebamme ließ uns in Ruhe, aber jedes Mal wenn ich an der anderen Seite des Zimmers war verlor ich den Kontakt zum Gerät. Dieses ständige Piepsen nervte, sodass ich mich dazu entschied wieder hinzulegen bis alles gemessen war und danach wieder herumzulaufen.

Die Wehen kamen inzwischen im 3 Minuten Takt, dauerten allerdings immer noch nur ca. 40 Sekunden (meinen Freund beschäftigte ich damit alles aufzuschreiben). Na das konnte sich ja noch hinziehen…

Ich lag gerade auf dem Kreisbett, wie eine Wehe kam und ich spürte, dass ich es nicht mehr lange so aushalten würde. Ich veratmete sie und wartete auf die nächste. Diese ließ exakt drei Minuten auf sich warten, war nicht mehr im Liegen zu ertrage und so wollte ich aufstehen und sowie ich mein rechtes Bein über das linke schlug verwandelte sich diese Wehe in eine heftige Presswehe. Ich ließ einen lauten Schrei raus, drehte mich wie von Geisterhand geführt in den Vierfüßlerstand. Ich spürte das Fruchtwasser an mir herunter laufen, zog mir selbst die Hose aus als die Hebamme zur Tür herein kam und schnell, schnell noch ihren Arbeitsplatz her richtete. Sie fragte mich, ob diese Position für mich angenehm wäre – klar, sonst hätte ich sie ja nicht für mich gewählt! Und ich sollte nicht erschrecken weil sie mich nun ein bisschen höher fahren würde, also das Bett natürlich. Ich sollte gut atmen – ja, was auch sonst, ich konnte ja gerade nichts anderes machen, denn ich hatte eine Wehenpause. Inzwischen hörte ich meinen Freund sagen, dass er nun ja wohl keine Wehen mehr aufschreiben bräuchte und ich musste fast lachen, wäre da nicht die nächste Wehe gekommen. Nun wies mich die Hebamme an nicht so stark mitzuschieben – aber ich tat ja gar nichts, mein Körper machte ja alles allein – und blubb, war mein Baby geboren. Nach ganzen 6 Minuten und 35 Sekunden.

Ich schaute zwischen meine Beine und erschrak im ersten Moment, da ich es nur von hinten sah und so zusammengerollt sah es aus wie eine Niere und irgendetwas sah wie ein Riss oder eine Öffnung ein. Ich dachte gleich an einen offenen Rücken, aber dann guckte ich genauer hin und erkannte, dass dies nur eine Stelle ohne Käseschmiere war. Es wurde in ein kleines Handtuch gehüllt und mir nach oben geschoben und nachdem ich es mit ganz vielen Küsschen willkommen hieß wollte ich dann auch mal wissen, was es nun war. Mit einem Blick unter das Handtuch stellten wir fest, dass es ein Mädchen war. Und auch der Papa durfte seine zweite Tochter nun willkommen heißen. Ich drehte mich inzwischen um und bekam meine kleine Maus auf die Brust gelegt. Wie klein und zart sie doch war und einfach so süß – und wie ich mein Baby gerade so richtig genieße und meine volle Aufmerksamkeit ihr allein gehört sehe ich plötzlich diese Hand mit der Spritze hinter ihr und ich bekomme irgendwas in den Zugang meiner Hand hinein injiziert. Mein Freund fragt was dies gewesen sei und wir bekamen erklärt, dass es für die Nachgeburt sei. Warum hat mir niemand vorher gefragt, ob ich das überhaupt wollte? Schließlich kann ich die Nachgeburt auch so gebären, ohne Hilfsmittel, das brauchte ich doch damals auch nicht… Was sollte das?

Dann wurde meine Maus vom Arzt zur Untersuchung von mir weggenommen, während dessen gebar ich die Plazenta, die Hebamme untersuchte mich und matschte anschließend in der Plazenta herum. So kannte ich das von der ersten Geburt zu Hause überhaupt nicht. Sogar die Nachgeburt wurde ohne jegliche Würde behandelt…

Zum Glück bekamen wir dann unser Baby wieder und nur mit einer Windel bekleidet kuschelte sie die ganze Nacht auf meinem Busen, bis um kurz vor 5 Uhr eine Kinderärztin unser Zimmer stürmte, um ihr Blut zu entnehmen (weil sie ein zu geringes Geburtsgewicht hatte und lange im grünen Fruchtwasser war). Diese meinte dann auch noch mir erklären zu müssen, dass Babys nach der Geburt hier angezogen werden… Ich hatte keine Lust mich mit ihr auf eine Diskussion einzulassen, und so ließ ich sie reden und machte doch, was ich für richtig hielt. Ich war zu erschöpft, weil ich immer noch keinen Schlaf finden konnte, denn es plagten mich sehr starke Nachwehen (wohl von dem Mittel, denn Nachwehen kannte ich von der ersten Geburt überhaupt nicht). Dies sollte auch noch mehrere Tage anhalten.

Nachdem ich am nächsten Morgen noch einmal von einer Ärztin auf schmerzhafte Weise untersucht wurde (obwohl ich ja bereits nach der Geburt keinerlei Verletzungen aufwies) konnten wir 12 Stunden nach der Geburt das Krankenhaus mit einem scheinbar gesundem Kind verlassen.

Unsere Hebamme kam uns nachmittags zu Hause besuchen, aber da schliefen wir endlich mal und statt uns zu wecken kam sie einfach später wieder vorbei. Was für ein Luxus so eine „Privathebamme“ doch ist! Unbezahlbar!

Und schließlich war es auch sie, die feststellte, dass unsere Tochter leider doch nicht so gesund war, wie wir glaubten. Sie leidet an einer sehr offensichtlichen Hornhauttrübung mit Strabismus (in KH nicht erkannt), hat eine Gaumenspalte (im KH nicht erkannt) und wurde im KH 49 cm gemessen (war aber nur 43cm groß)*. Wäre die U1 im vermeintlich SO SICHEREN Krankenhaus richtig durchgeführt worden, hätten diese offensichtlichen Fehlbildungen erkannt werden müssen – auch in beiden Doppler-Ultraschallen wurde nicht einmal die Gaumenspalte gesehen.

 

Sicherheitsmaßnahmen werden unserer Erfahrung nach im KH nur im Sinne der Ärzte durchgeführt (damit sie möglichst nicht verklagt werden können).

Wir wünschen uns nie wieder für eine Geburt ins KH gehen zu müssen, denn dort ist man eben nur eine Schwangere und kein Mensch mit individuellen Bedürfnissen.

 

*(Alle Auffälligkeiten unserer Tochter entstammen einem sehr, sehr seltenen genetischen Defekt (15 Fälle weltweit), der bisher nicht benannt ist. Er hätte nur durch eine Fruchtwasserpunktion festgestellt werden können, die man bei mir nicht durchgeführt hätte, da zu jung und familiär keine Auffälligkeiten. Schwangerschaft verlief normal.)