Geburtsbericht von Leena

Obwohl unsere Kleine bereits 7 Tage über Termin war, wollte sie es am Ende anscheinend nochmal extra spannend machen. Am Donnerstagmorgen war Martina wie jeden zweiten Tag seit dem errechnetem Termin zur Vorsorgeuntersuchung und zum CTG gekommen. Die Bauchmaus schlief mal wieder tief und fest und ließ sich auch nicht wirklich wecken – Baseline auf dem CTG bei 115 bpm. Ich sollte also den Vormittag über auf die Kindsbewegungen achten und mich nochmals melden, falls ich keine bzw. auffällig wenige Bewegungen spüren würde. Wie so oft, wenn man vergeblich auf etwas wartet, meldete sich die Kleine ausgerechnet heute nicht wie gewohnt zumindest einmal die Stunde mit einem kleinen Knuff. Also kam Martina am Nachmittag nochmals zum CTG – wo sich wiederum das gleiche Bild abzeichnete wie bereits am Vormittag. Um kein Risiko einzugehen, riet mir Martina, jetzt doch nochmals zum Frauenarzt zu gehen um nachzusehen zu lassen, ob alles in Ordnung ist, die Plazenta noch richtig arbeitet und genügend Fruchtwasser vorhanden sei. Ich sagte bereits bevor ich überhaupt beim Frauenarzt anrief im Scherz, dass ich die Praxis wahrscheinlich mit meiner Überweisung zur Einleitung ins Krankenhaus verlassen werde…

Beim Arzt angekommen, zeigte das CTG wieder dasselbe Bild, im Ultraschall war zu erkennen, dass die Plazenta verkalkt und die Fruchtwassermenge reduziert war – was bei ET+7 allerdings durchaus normal ist. Trotzdem riet mir mein Frauenarzt dringend dazu, am nächsten Tag das CTG zu wiederholen und für den Fall, dass die Herzfrequenz noch immer so niedrig wäre, ins Krankenhaus zur Einleitung zu gehen. Dieser Gedanke gefiel mir überhaupt nicht und machte mir ehrlich gesagt auch etwas Angst und ich versuchte die Kleine nochmals zu überzeugen, dass heute Nacht wirklich der richtige Zeitpunkt wäre, sich auf den Weg zu machen. Ich nahm dann am Abend noch ein heißes Entspannungsbad und wir legten uns wie gewohnt schlafen.

Um halb eins wachte ich auf, da ich pinkeln musste. Im Bauch war alles ruhig, kein Ziehen, kein Unwohlsein, gar Nichts. Mit einem unguten Gefühl im Bezug auf den morgigen Arzttermin redete ich meiner Kleinen nochmals gut zu und legte mich wieder schlafen. Um 2.20 Uhr wachte ich wieder auf, diesmal mit einem Ziehen im Bauch, ähnlich dem Gefühl, als würden sich meine Tage ankündigen. Ich stand auf, um zur Toilette zu gehen, kam aber keine zwei Schritte weit, da spürte ich schon, wie ziemlich viel warmes Wasser an meinen Beinen herunterlief. Blasensprung! Es geht los! Ich weckte meinen Mann, der ziemlich verdutzt und schlaftrunken erst gar nicht wusste, was los war. Während ich Martina anrief, ließ ich ihn dann zum wachwerden erstmal den Boden im Schlafzimmer wischen ;) Während wir auf Martina warteten, hatte ich alle 5 Minuten Wehen, die ich aber noch sehr gut veratmen konnte und mich noch immer an Menstruationsbeschwerden erinnerten. Auch meine Mama habe ich gleich informiert, schließlich wollte ich in meinem Elternhaus gebären und sie hatte mich schon am Abend mit den Worten ‚Bis heute Nacht‘ verabschiedet.

Als Martina und Magdalena, eine Hebammenschülerin, die gerade ihr Externat bei Ihr absolvierte, dann kamen, schrieben wir erst ein CTG und ich bekam einen leckeren Cocktail mit Eisenkraut und Globuli um die Wehen anzuregen. Die Herztöne waren zu Beginn sehr gut, gegen Ende schlief die Bauchmaus dann aber doch wieder ein. Die eigene Geburt zu verschlafen ist doch auch mal was! Allerdings gab es keine Verschlechterung der Herztöne unter den Wehen, von daher stand der Hausgeburt nichts im Wege. Da es mir gut ging und ich auch mit den Wehen keinerlei Probleme hatte, gingen Martina und Magdalena nochmal nach Hause um noch eine Mütze Schlaf abzubekommen. Wir wollten uns vier Stunden später bei meinen Eltern zuhause wieder treffen um nochmals ein CTG zu schreiben. Inzwischen war es drei Uhr.

Ich legte mich auch nochmal ins Bett und versuchte, noch etwas zu dösen und meine Kräfte zu sparen. Leider ging das eher schlecht als recht, da die Wehen sehr schnell heftiger wurden und ich mich im liegen nicht mehr sehr wohlfühlte. Ich stand also auf und lief im Schlafzimmer umher, die Wehen kamen inzwischen alle drei Minuten und mein Tönen war bald nicht mehr zu überhören. Mein Zeitgefühl verabschiedete sich langsam aber sicher, irgendwann – es war inzwischen fünf Uhr - sagte mein Mann, wir fahren jetzt hoch zu meinen Eltern, ihm wird das hier alles zu heikel. Also haben wir eine Wehenpause abgewartet und haben uns auf den Weg gemacht. Da meine Eltern im gleichen Dorf wohnen, waren wir gleich da und während ich im Wohnzimmer die Wehen laut tönend veratmete, ließ mir mein Mann warmes Wasser in die Badewanne. Das warme Wasser tat mir gut, ich fühlte mich in der Wanne wohl, obwohl die Wehen dadurch schnell stärker wurden und alle zwei Minuten kamen. Mein Zeitgefühl und die Wahrnehmung meiner Umwelt wurde immer verschwommener, ich hatte die Augen geschlossen und war nur noch bei mir, meinem Kind, dem Wehenschmerz, dem warmen Wasser. Immer wieder versuchte mein Mann mit mir zu reden, doch außer einsilbigen Antworten kam von mir nichts zurück. Ich weiß nicht, wie lang ich in der Wanne lag, irgendwann wurde mir kalt und mein Mann ließ frisches, heißes Wasser nachlaufen, die Wehen kamen inzwischen jede Minute, teilweise ohne Pausen direkt hintereinander und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass schaff ich nicht.

Mein Mann, der immer nervöser wurde, da ich ihm nicht richtig antwortete und anscheinend beeindruckende Töne von mir gab, beschloss dann, auch ohne meine Einwilligung, Martina doch schon anzurufen und nicht bis um sieben Uhr zu warten. Ich weiß nur, dass Martina und Magdalena irgendwann plötzlich im Badezimmer standen und dann ging alles ganz schnell. Martina untersuchte den Muttermund während Magdalena nach den Herztönen sah (und dabei das Dopton im Badewasser versenkte ;)). Muttermund war bei 9cm, Martina zog mich aus dem Wasser und trocknete mich ab und erklärte mir, ich kann jetzt anfangen dem Pressdrang nachzugeben, während Magdalena diesmal mit dem CTG nach den Herztönen sah. Wir gingen ins Geburtszimmer und ich brauchte ein wenig, bis ich eine Position gefunden hatte, in denen ich die Wehen aushalten konnte und mich wohlfühlte– vom Vierfüßler über die Geburtsschlaufe und den Gebärhocker bin ich in der tiefen Hocke gelandet. Mein Mann saß auf dem Bett und stützte mich, ich in der tiefen Hocke vor ihm. In dieser Position hatte ich auch endlich wieder etwas längere Wehenpausen, wodurch mir die Presswehen an sich nicht so schlimm vorkamen. Ich glaube, ich war froh, dass ich endlich so richtig mitarbeiten konnte. Nach kurzer Zeit sagte Martina dann auch schon, ich könne das Köpflein jetzt in mir fühlen – und tatsächlich, da war es, ich würde also wirklich in wenigen Augenblicken mein Kind in den Armen halten können! Trotz allem schien dieser Moment noch so weit weg, so unwirklich. Das Gefühl zu zerreißen wurde mit jeder Presswehe stärker, ich schob mit aller Kraft mit und als ich dachte, es geht nicht mehr, jetzt zerreißt es mich wirklich, war das Köpfchen da und wenige Sekunden später war sie ganz geboren. Um 6.58 Uhr erblickte unsere Tochter Leena Selene so in meinem ehemaligen Kinderzimmer nach nur 4,5 Stunden mit 3300g und 53cm das Licht der Welt. Da lag sie nun auf meiner Brust und sah mich an. Ein Gefühl, dass ich nicht in Worte fassen kann. Ich hatte es geschafft. Ich hatte mein Kind auf die Welt gebracht, aus eigener Kraft und ohne jegliche Interventionen konnte ich meinen Weg gehen und erleben, wie meine Tochter das Licht der Welt erblickte. Ich bekam nur am Rande mit, wie mein Mann weinte, ich selbst war so in diesem Moment gefangen, dass ich einfach nur atmen und sie ansehen konnte. Das war der überwältigenste Moment meines ganzen Lebens. Mein Mann nabelte unsere Tochter ab und Martina entnahm noch etwas Blut aus der Nabelschnur. Wenig später wurde dann auch die Plazenta geboren und ich konnte aufstehen und mich aufs Bett legen, wo ich unsere Leena dann das erste Mal anlegen konnte.

Ich habe mir nur einen oberflächlichen Schleimhautriss zugezogen, der zum Glück nicht genäht werden musste. Mit dem Stillen klappte auch alles von Anfang an ohne Probleme, lediglich die Nachwehen waren echt unangenehm und viel schmerzhafter, als ich mir das vorgestellt hatte. Inzwischen ist die Maus schon fast 2 Wochen alt und die Zeit vergeht wie im Fluge. Ich kann nur für mich sprechen, aber die Entscheidung zur Hausgeburt war für uns genau das richtige. Ich kann trotz aller Schmerzen sagen, ich hatte eine tolle Geburt, eine Geburt, wie ich sie mir nie hätte träumen lassen! Ich wünsche jeder Frau ein solches Geburtserlebnis voller positiver Emotionen und dieses überwältigenden Gefühl, es ganz alleine geschafft zu haben!