Notfallmanagement in der Hausgeburtshilfe

Die allermeisten Hausgeburten verlaufen - rein medizinisch betrachtet - bei guter Vorbereitung und geduldiger, wissender Begleitung unspektakulär. Daher zeigt sich die medizinische Kompetenz einer Hausgeburtshebamme beim Auftreten von Auffälligkeiten, insbesondere den seltenen Notfällen.

Die allermeisten Hausgeburten verlaufen – rein medizinisch betrachtet – bei guter Vorbereitung und geduldiger, wissender Begleitung unspektakulär. Daher zeigt sich die medizinische Kompetenz einer Hausgeburtshebamme beim Auftreten von Auffälligkeiten, insbesondere den seltenen Notfällen. Wie schafft eine Hausgeburtshebamme den Spagat zwischen geduldigem, wissendem Abwarten, beherztem Eingreifen zuhause und rechtzeitiger Verlegung in die Klinik? Wie erfolgt zudem die Aufklärung über den seltenen Notfall? Was gehört zur Notfallausstattung einer Hausgeburtshebamme? Wie lauten die neuesten Empfehlungen zur Reanimation bei Mutter und Kind?>>

 

Betrachten wir den Qualitätsbericht der Außerklinischen Geburtshilfe in Deutschland (QUAG e.V.) sind für das Jahr 2004 von 9892 außerklinisch begonnenen Geburten 90 als Notfallverlegungen deklariert. Ob diese 90 Verlegungen jedoch alle den Stempel Notfall verdienen ist fragwürdig. So dauerte bei 21 alleine die Verlegung über 20 Minuten, was sicherlich manchmal am langen Weg in die nächste Klinik gelegen haben mag, jedoch auch schlicht ein Dokumentationsfehler und eben doch kein Notfall gewesen sein könnte. Immerhin erfolgten bei 49 dieser 90 Frauen die Geburten innerhalb einer Stunde nach Ankunft in der Klinik, davon wiederum die Hälfte per Sectio, 19 als Spontangeburt und 6 vaginal-operativ endeten. Bei 31 Frauen erfolgte die Geburt zwischen einer und sechs Stunden nach Aufnahme, bei den restlichen Verlegungen noch später, was für einen Notfall auch eher fragwürdig erscheint. Diese lange Spanne könnte – neben einer Fehleinschätzung - vielleicht auch noch einem zeitlich nicht optimal verlaufendem Notfallmanagement auf Klinikseite zugesprochen werden. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) hat als tolerable Zeit zwischen Indikationsstellung und Sectio bei einer Notlage, also als Entschluß-Entwicklungszeit (E-E-Zeit), einen Zeitraum von maximal 20 Minuten angegeben. Sofern es sich um einen Belegarzt oder einen angestellten Oberarzt handelt, der zum betreffenden Zeitpunkt außerhalb der Klinik seinen Praxisbetrieb führt oder seinen Bereitschaftsdienst zuhause ableistet, hat er dafür Sorge zu tragen, dass diese 20 Minuten keinesfalls überschritten werden. Sonst könnten bei aufgetretenem Schaden Belegarzt oder Klinik, wie auch der leitend medizinisch Verantwortliche wegen Organisationsverschulden zur Verantwortung gezogen werden. Die Hebamme tut gut daran, sich die Ankunftszeit im Kreißsaal von einer Zeugin – vielleicht der diensthabenden Hebamme - schriftlich bestätigen zu lassen, empfiehlt Prof. Harald Horschitz, der Justiziar des BDH, „da Ärzte, die sich zu viel Zeit gelassen und einen Schadensfall provoziert haben, häufig dazu neigen, eine falsche Uhrzeit ihres Eintreffens zu dokumentieren“. Ebenso sollte die Hebamme bei der auf die Minute genauen Dokumentation über den Anruf im Kreißsaal, wie auch den Hinweis auf Dringlichkeit aufgrund eines vorliegenden Notfalls verfahren. So fiel mir bei einer notfallmäßigen Verlegung wegen hochpathologischem CTG auf, dass der Papiertransport des CTG in der Klinik - seit Ankunft etwa 10 Minuten – nicht eingeschaltet war. Ich teilte dies, für alle hörbar, mit und dokumentierte es in meinem Geburtsprotokoll. Sinnvoll kann auch die zügige Durchführung einer MBU nach Klinikaufnahme - beispielsweise bei hochpathologischem CTG - sein, um den „Ist-Zustand“ des Kindes bei Übergabe zu haben.

Was kann eine Hebamme bei einer Hausgeburt an echten Notfällen erwarten? Beim Kind: Mekoniumaspirationssyndrom, Herzstillstand, Hirnblutungen, nicht erkannte Herzfehler und weitere Fehlbildungen wie Lungenhypoplasie. Bei der Mutter: Nabelschnurvorfall, vorzeitige Plazentalösung, die in der Regel partiell und extrem selten komplett erfolgt, Schulterdystokie, Insertio velamentosa, fetale Bradykardie in der AP und Atonie.

Andere dagegen „entwickeln“ sich in der Regel und könnten bei zu langem Zuwarten zum Notfall werden, wie beispielsweise pathologische Herztöne aufgrund von Nabelschnurauffälligkeiten wie Kompression und echtem Nabelschnurknoten. Es liegt also auch am Geburtsmanagement der Hebamme, wie lange sie bestimmten Konstellationen zuschauen kann beziehungsweise ob sie vom Temperament her großzügig oder abwägend verlegt.

Betrachten wir nun die einzelnen Vorkommnisse, so können wir beispielsweise bei der vorzeitigen Plazentalösung die Frauen schon in der Schwangerschaft darauf hinweisen, dass Rauchen, neben Präeklampsie zu den häufigen Ursachen dieser gehört. Jede Hausgeburtshebamme kann sich somit überlegen, ob sie eine Raucherin bei ihrer Geburt zuhause begleiten möchte. Nicht selten ist diese Information für Frauen ein Grund, das Rauchen einzustellen. Präeklampsie gilt dagegen in den allermeisten Fällen als Nährstoffmangelkrankheit und es erscheint wahrscheinlich, dass diese mit einer frühen Ernährungsberatung nach ausführlicher Anamnese dezimiert werden kann. Eine Insertio velamentosa kann durch eine Amniotomie erst zum Notfall gemacht werden. Aus meiner Klinikzeit kenne ich einen „Notfall“ aufgrund einer vaginalen Blutung und pathologischem CTG mit Notsectio nach Amniotomie. Aus meiner Hausgeburtszeit zwei Fälle nach spontanem Blasensprung, in denen wir alle anschließend fasziniert den Verlauf des Einrißes in die Einhäute mit größerem Sicherheitsabstand zu den drei frei zwischen Amnion und Chorion verlaufenden Gefäßen verfolgten. Eine Garantie, dass ein spontaner Blasensprung bei Insertio velamentosa stets so verläuft, besteht selbstverständlich nicht und es wäre mehr als blauäugig davon auszugehen. Diesen Notfall jedoch über eine Amniotomie herbeigeführt zu haben, ohne OP in unmittelbarer Nähe ist fatal. Hier zeigt sich, dass Geduld und Hausgeburtshilfe unbedingt zusammen gehören. Das Thema Notfall ist essentieller Bestandteil eines jeden meiner ausführlichen Aufklärungsgespräche. Diese erfolgen in der Regel fünf bis sechs Wochen vor Geburtstermin. Bei Paaren, die zum ersten Mal eine Hausgeburt anstreben, spreche ich das Thema Notfall bereits im Erstgespräch an. Ich beschönige dabei nichts, spreche die oben genannten Möglichkeiten an, verweise auf die Seltenheit, bespreche mit dem Paar je nach Jahreszeit die Wegbedingungen bis in die nächste Klinik und verweise darauf, dass ich – sofern möglich - darauf bedacht bin, wegen der besseren Versorgung das nächste Perinatalzentrum anzufahren. In der Regel verlege ich im eigenen PKW. Dafür empfiehlt sich eine Insassenhaftpflichtversicherung. Selbstverständlich ist, dass jede Hebamme dafür Sorge trägt, sich bei Neueinstieg in die Hausgeburtshilfe oder vor einer Hausgeburt in einem ihr unbekannten Gebiet, sich über die Organisation des zuständigen Rettungsdienstes zu informieren. Während in Großstädten spezielle Babynotarztwagen vorzufinden sind, sieht dies beispielsweise auf dem Land anders aus. Aufgrund der geringen Anzahl an Einsätzen – in der Regel werden sie von den umliegenden Kliniken angefordert – lohnt sich dort ein spezieller Babynotarztwagen nicht. Der Rettungsdienst behilft sich, indem ein normaler NAW an der Notaufnahme stehend mit den notwendigen Utensilien wie Inkubator und neonatologischem Notfallkoffer aus der Kinderklinik bestückt wird. Dieses Umrüsten kostet jedoch Zeit. Etwa 15-20 Minuten. Da ich jedoch auch auf dem Land mit den meisten Kindern in dieser Zeit bereits in der Kinderklinik bin, bevor ein angeforderter NAW überhaupt erst umgerüstet ist, verlege ich das Kind zusammen mit dem Vater, während eine Kollegin die Mutter zuhause versorgt. So verfuhr ich beispielsweise bei einem Kind, das vital geboren, nach etwa einer halben Stunde zyanotisch wurde. Da ich ein Mekoniumaspirationssyndrom vermutete, wickelte ich das Kind sofort in eine Krankenunterlage, die aufgrund der Plastikunterseite gut die Körperwärme hält und außen in eine Decke, schnappte meine O2-Flasche und fuhr mit dem Vater sofort in die 16 Kilometer entfernte Kinderklinik. Ich hielt dem Kind auf dem Rücksitz Sauerstoff vor, während ich über Mobiltelefon mit dem diensthabenden Kinderarzt telefonierte und die Symptome schilderte. Dort angekommen, wurde das Kind auf Intensivstation sofort abgesaugt, intubiert und aufgrund des Atemnotsyndroms mit Überdruck beatmet. Vom Beginn der Zyanose bis zum Eintritt in die Kinderklinik hatten wir gut 15 Minuten benötigt und hat alles sehr gut überstanden. Diese Eltern haben auch ihre beiden nachfolgenden Kinder – diesmal ohne Mekoniumaspirationssyndrom - zuhause bekommen, worüber der begleitende Kinderarzt mehr als erstaunt war. Während des Aufklärungsgesprächs teile ich den Eltern auch mit, dass ich kein Kind endotracheal intubiere, da mir ein mehrfaches Üben an verstorbenen Säuglingen, wie auch am Phantom nicht ausreicht, um mich ausreichend sicher zu fühlen und ich schwer damit umgehen könnte, den Zustand des Kindes aufgrund eines Fehlers noch verschärft zu haben. Beim Neugeborenen finden sich anatomische Besonderheiten, wie eine kurze Trachea, die zu einer einseitigen Fehllage des Tubus führen können. Ebenso ein höher stehender Kehlkopf, wie auch ungünstige Sichtverhältnisse durch eine große Epiglottis. In vielen Notfallkursen für Hebammen wird die endotracheale Intubation am Phantom gelehrt. Mein Eindruck ist, dass wir Hebammen den Eltern etwas vorgaukeln, wenn wir in unserem Notfallkoffer auf Laryngoskop und Tubus verweisen. Die endotracheale Intubation gehört als riskante und schwierige Notfallmaßnahme in die Hände erfahrener Notfallmediziner und Neonatologen. Sie hat zudem keine Priorität bei der Reanimation. Die Beatmung mittels Maske ist leicht zu erlernen und meist möglich. „Gut bebeutelt ist 1000mal besser, als schlecht intubiert. Bebeuteln Sie mit Gefühl, lassen Sie sich nicht verrückt machen und gucken Sie, dass Sie das Kind so schnell wie möglich in die nächste Kinderklinik bringen“, beruhigte mich ein erfahrener Pädiater, als ich ihm von meinem Dilemma erzählte. Rasches Erkennen, äußerst zügige Verlegung ohne Zeitverzögerung und Telefonmanagement während der Fahrt, um Zeit zu sparen, ist für mich das Mittel der Wahl. Vor wenigen Jahren wurde ich auf einen Larynx-Tubus (VBM Medizintechnik) aufmerksam, der mit zwei Cuffs Speiseröhre und Rachen abdichtet und von notfallmäßig weniger Geübten sicher zu handhaben ist. Dieser Tubus wird blind eingeführt und kann aufgrund seiner Form nicht versehentlich in der Trachea zu liegen kommen. Es gibt ihn in verschiedenen Größen für Säuglinge und Erwachsene. In einer Untersuchung am Beatmungsphantom wurden während 60 Reanimationsdurchgängen Gesichtsmaske, Larynxtubus und Endotrachealtubus miteinander verglichen. Dabei erwies sich der Larynxtubus der Gesichtsmaske in zweierlei Hinsicht als überlegen: Das durchschnittliche Atemzugvolumen lag deutlich höher, zudem wurde kein einziges Mal fälschlicherweise der Magen an Stelle der Lunge belüftet, während dies beim Beatmen mittels Gesichtsmaske bei knapp der Hälfte der Fälle passierte. Der Larynxtubus kann zwar den Endotrachealtubus damit nicht ersetzen, gilt jedoch inzwischen als Mittel der Wahl für in der endotrachealen Intubation weniger Geübte und wurde auch in den neuen Leitlinien ausdrücklich mit erwähnt. Ich musste ihn bislang nicht einsetzen. Im März diesen Jahres bestätigte die Bundesärztekammer die standardisierten Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) im Wesentlichen. Dabei wurde der Herzdruckmassage eine wesentliche Dominanz der Atemspende gegenüber eingeräumt. So gilt nun die Empfehlung des Verhältnisses von 30:2 zwischen Thoraxkompression zu Beatmung während der gesamten Kinderzeit inklusive Säuglingsalter bei einem professionellen Helfer oder einem Laienhelfer, so wie von 15:2, wenn zwei Helfer vor Ort sind. Am Beginn stehen – ausschließlich beim Kind - 5 Beatmungen, um dann mit obigem Algorithmus fortzufahren. Bei einem Kind, das jünger ist als ein Jahr, bleibt auch in den neuen Leitlinien die Technik der Thoraxkompression wie bisher: die Zwei-Finger-Technik für den einzelnen Helfer oder die Zwei-Daumen-Technik mit Umfassen des Thorax bei zwei und mehr Helfern. Selbstverständlich ist, dass das Neugeborene vor Wärmeverlust geschützt werden muss. Damit die Lunge optimal gebläht wird, sollten die ersten Beatmungen 2-3 Sekunden dauern, die selbstverständlich auch mittels Mund-zu-Mund-Beatmung durchgeführt werden können. Manche Pädiater mokierten sich darüber, dass Hausgeburtshebammen O2 über eine Sauerstoffflasche ohne Humidifizierung, also Befeuchtung verabreichen. Ich habe stets eine Sauerstoffflasche mit Neugeborenenmaske ohne Möglichkeit der Befeuchtung dabei und verabreiche dabei etwa 4l/min. Manche Pädiater sehen dies gerade während der Neonatalphase kritisch, da die alleinige Sauerstoffgabe ohne Befeuchtung die Schleimhäute zu sehr austrockne. Da diese Maßnahme in der Hausgeburtshilfe stets nur eine kurze und damit vorübergehende ist, argumentieren andere Pädiater, sei dies jedoch zu vernächlässigen. Liegt nun in häuslicher Umgebung ein Notfall während der Geburt vor, muß sich jede Hebamme vergewissern, ob es zwingend notwendig ist, diesen Notfall zuhause zu managen, beispielsweise bei einer fetalen Bradykardie von 50 bis 60 SpM auf Beckenboden – ich spreche nicht von Dezelerationen, sondern von einer Bradykardie der kindlichen Herztöne, die selbstverständlich zuvor über den Puls der Mutter verifiziert wurde! Hier ist, zumindest bei einer Erstgebärenden, die sofortige Gabe von Syntocinon i.v., das Anlegen einer Episiotomie und eventuell Kristeller Hilfe das Mittel der Wahl. Ebenso bei Atonien, die nach dem in der Klinik üblichen Schema behandelt werden, bei zeitgleicher Anforderung des NAW zur Verlegung in die nächste Klinik. Grundsätzlich achte ich bei jeder Geburt darauf, dass die Frau den geschätzten Blutverlust nach der Geburt – noch vor dem ersten Aufstehen mit Wasser oder Saftschorle auftrinkt. Dadurch werden spätere Kreislaufprobleme mit Kollaps beim ersten Duschen oder Toilettengang sehr dezimiert. Bei größeren Blutverlusten infundiere ich 1000 ml Vollelektrolytlösung (meist Ringer).

Sinnvoll ist auch, wenn sich eine Hebamme, die Hausgeburten begleitet mit der Vorgehensweise der manuellen Plazentalösung vertraut macht und diese bei einer äußerst seltenen starken Nachgeburtsblutung – in diesem Notfall ohne Narkose - durchführt. Auf der anderen Seite ist jede Frau und jedes Kind, wenn die Zeit reicht, in einer Notsituation in der Klinik selbstverständlich am besten aufgehoben. Ein rasches und dennoch überlegtes Vorgehen mit dem geistigen Durchspielen aller verfügbaren Möglichkeiten helfen hier Überengagement und Kopflosigkeit, wie auch Lethargie zu vermeiden. Sofern zwei Hebammen die Geburt begleiten sollte im Vorfeld klar sein, welcher der Kolleginnen die Geburtsleitung obliegt. Diese ist dann auch für das Notfallmanagement zuständig und delegiert bestimmte Dinge klar an die Kollegin. Die zuarbeitende Kollegin ist jedoch verpflichtet, Dinge, mit denen sie nicht einverstanden ist, beispielsweise zu langes Zuwarten, ebenso klar vor der geburtsleitenden Kollegin auszusprechen, da sie im Schadensfall dafür ebenfalls in Haftung genommen werden kann. So angenehm das Arbeiten zu zweit sein kann, so tückisch kann es werden, wenn sich beide Kolleginnen gegenseitig beschwichtigen und keine somit die Verantwortung für das Tun oder Nicht-Tun übernimmt. Dass beide Kolleginnen im Besitz einer Versicherungspolice sind, die Hausgeburtshilfe mit einschließt – und nicht nur die geburtsleitende Hebamme, versteht sich von selbst.

Auch die komplizierten Anleitungen zur Reanimation von Erwachsenen wurden wesentlich vereinfacht.

Die Reanimation der Mutter erfolgt, wenn sie nicht mehr ansprechbar ist und nicht mehr normal atmet. Das unsichere Tasten des Pulses soll unterbleiben und sofort mit der Reanimation begonnen werden, da sich die Frau bei Nicht-Notwendigkeit schon wehren würde. Zur Durchführung der Herzdruckmassage wird nun gelehrt, die Hände auf der Höhe der Brustwarzen und der unteren Hälfte des Brustbeines aufzusetzen. Es wird empfohlen ordentlich hineinzudrücken „bis es knackst“ und bei der Beatmung darauf zu achten, ob sich der Brustkorb auch hebt. Wenn nicht, kann dies beispielsweise ein Hinweis sein, dass bei der Mund-zu-Mund-Beatmung die Nase der Frau nicht richtig zugehalten ist oder ihr Kopf nicht ausreichend überstreckt wurde. Das Verhältnis von Kompression zu Beatmung beträgt bei Erwachsenen 30:2, mit denen sofort begonnen wird. Die früher empfohlenen zwei Initialatmungen sind entfallen, es wird sogleich mit 30 Kompressionen begonnen. Jede Beatmung sollte eine Sekunde dauern.

Insgesamt ist festzuhalten, dass ein echter Notfall in der Hausgeburtshilfe ein seltenes Ereignis ist. Der Hausgeburtshebamme obliegt dennoch die Sorgfalt, die Eltern in einem Gespräch auch über die Möglichkeit eines Notfalls und einem eventuellen Zeitverlust durch den Weg in die Klinik ehrlich aufzuklären. Notfälle sind selbstverständlich in der Klinik am besten zu versorgen. Sie sollte jedoch abwägen, ob ein zügiges, beherztes Eingreifen in bestimmten Fällen zuhause nicht sinnvoller ist. Überlegenswert ist beispielsweise in Sekundenschnelle alle Pro- und Contrasituationen vor dem geistigen Auge durchzuspielen. Dazu ist Erfahrung notwendig. Deshalb ist bei einem Einstieg in die Hausgeburtshilfe zuvor die Begleitung einer erfahrenen Hausgeburtshebamme in Erwägung zu ziehen. Ist dies nicht möglich, ist vor jeder berufsjungen Hebamme der Hut zu ziehen, wenn sie in der ersten Zeit aus Unsicherheit zu 50 bis 100 Prozent verlegen sollte, da sie ihre Grenzen, wie auch die Solidargemeinschaft Berufshaftpflichtversicherung achtet. Jegliches Lustig-machen erscheint hier absolut fehl am Platz. Ebenso sollte jede Erwägung Klinikgeburtshilfe zuhause zu leisten – wie eine Einleitung mit Syntocinon wenige Tage über Termin bei Zustand nach Sectio – sofort fallen gelassen werden. Die Sicherheit der Hausgeburtshilfe liegt in der Besonnenheit und im Wissen um die physiologischen Vorgänge und der Rarität von echten Notfällen. Sie braucht deshalb keine induzierten (gemachten) Notfälle zuhause, zum Schaden aller -–der Hausgeburtshilfe, wie der uns anvertrauten Menschen. So könnten nach Schätzungen weltweit alleine 800 000 Kinder durch einfache Atemwegsmaßnahmen gerettet werden – wenn sie denn eingesetzt würden. Selbst wenn wir auch immer das berühmte Quäntchen Glück brauchen, haben wir es im wahrsten Sinne des Wortes alle in der Hand, wie sicher Hausgeburtshilfe ist.

>>>Kasten??>>>Inhalt Notfallkoffer:

1 Beatmungsbeutel mit Sauerstoffreservoir und Beatmungsmasken für Kleinkind, evtl. Erwachsene

2 Sauerstoffflasche (0,8 bis maximal 1L)

3 Absauger

4 Larynxtubus für Neugeborene, evtl. Erwachsene

5 Blutdruckmanschette, Stethoskop, Staubinde, Schere

6 Venenverweilkanülen für Erwachsene, alternativ Butterfly

7 Infusionssysteme

8 Pflaster, Tupfer, sterile Kompressen, Binden, Spritzen 2ml und 5 ml, Kanülen

9 Vollelektrolytlösung (NaCl, Ringer) im 1000ml Beutel

10 Haes 6 % im 500 ml Beutel

11 Glucose 40% 100ml

12 Notfallmedikamente: Ampullen mit Syntocinon 3 I.E., 10 I.E., Syntomethrin, Methergin, Partusisten, NaCl, Aqua.

Im Auto während der Fahrt jederzeit greifbar: Berotec-Spray (Asthma-Spray) mit dem die Frau bei der Verlegung selbst ihre Wehen hemmen kann.