Philine Antonie

Mein erstes Kind bekam ich in der Klinik. Während der Geburt war ich total fremdbestimmt, aber das schlimmste für mich war, dass nach der Geburt mein Mann nach Hause geschickt und mein Sohn ins „Kinderzimmer“ gebracht wurde. Also lag ich die ganze Nacht weinend und alleine in diesem Zimmer und wartete auf mein Kind. Mein zweites und drittes Kind kam im Geburtshaus in Schwäbisch Hall zur Welt. Als ich mit Nummer vier schwanger war, gab es das Geburtshaus nicht mehr und so kamen wir schnell auf den Gedanken einer Hausgeburt. Die Schwangerschaft über wurde ich von Martina betreut, alles war geplant, nur nicht, dass sich meine Tochter viel früher ankündigt, denn Martina hatte von Betreuungsbeginn an klargestellt, dass sie in diesem Zeitraum im Urlaub war.
So mussten wir in die Klinik in unserem Wohnort, dort wurde festgestellt, dass wenig Fruchtwasser abgeht, aber noch keine Wehen vorhanden sind. Es hieß nun, ich solle in ein Patientenzimmer gebracht werden und mein Mann solle doch noch mal nach Hause, man würde ihn dann anrufen, wenn es losginge. Es stellten sich gleich alle Nackenhaare bei uns auf! Keine Wehen, aber dableiben und Mann nach Hause gehen? Das kam für uns einfach nicht in Frage! Mein Frauenarzt, der mittlerweile hinzugekommen war, stellte nun beim Ultraschall fest, dass eventuell die Schultern zu breit und der Kopf zu klein sein könne. Es käme für ihn nur ein Kaiserschnitt in Frage. Nun war es mit den guten Nerven bei uns aus. Von der geplanten Hausgeburt zum Kaiserschnitt – ein Alptraum! Zudem hatte Martina während der Vorsorgen das Kind als durchschnittlich groß eingestuft. Mein Mann war zum Glück in dieser Situation sehr souverän und beschloss, wir fahren in die Klinik im Nachbarort und holen uns eine zweite Meinung ein. Dann könne man immer noch auf einen Kaiserschnitt ausweichen. In dieser Klinik wurde das befürchtete  Risiko meines Frauenarztes als sehr gering eingeschätzt. Ich konnte dann dort meine Tochter auf natürlichem Wege gebären und wir waren mehr als erleichtert. Nach 4 Stunden fuhren wir wieder nach Hause.

Drei Jahre später war ich mit meinem fünften Kind schwanger und wir hofften sehr darauf, diesmal eine Hausgeburt erleben zu dürfen. Die Schwangerschaft verlief problemlos, es war alles mit Martina abgesprochen. 
Am Tag vor der Geburt war ich irgendwie unruhig. Ich hatte schon die Vermutung, dass es eventuell losgehen könnte. Zur Sicherheit schrieb ich Martina eine SMS und berichtete von meiner Unruhe. So gegen 23 Uhr verspürte ich die ersten Wehen. Allerdings waren sie immer sehr kurz und mir war klar, mit solchen Wehen kann kein Kind geboren werden. Dieser Zustand hielt aber doch einige Stunden an, schlafen konnten wir nicht. Schließlich  benachrichtigten wir Martina, die dann eine Stunde später bei uns ankam. Zu meiner Enttäuschung war der Muttermund nur 1 cm offen. Ich bekam noch eine wohltuende Fußreflexzonenmassage und den Rat, mich doch auszuruhen und versuchen zu schlafen. Wir waren ja nun doch schon viele Stunden wach und wirklich sehr müde. Martina bot an auf unserem Sofa zu schlafen, aber ich wollte nicht, dass sie unnötig bei uns bleibt und dann tut sich doch nichts. Also fuhr Martina  wieder nach Hause und wir legten uns ins Bett.
Schlafen konnte ich nicht, die ganze Zeit hatte ich diese kurzen, aber doch schmerzhaften Wehen. Immer wieder döste ich ein, bis dann die Fruchtblase platzte. Ich dachte nur: „Also doch“. Auf dem Weg ins Bad wurden dann auch  die Wehen sehr kraftvoll und ich wusste, es dauert nicht mehr lange, bis dieses Kind geboren ist. Martina war gerade erst wieder zu Hause angekommen, als mein Mann wieder bei ihr anrief und sie bat, doch gleich wieder zu uns zu fahren.
Wir wussten, es dauert ca. 1 Stunde bis Martina bei uns ist und es war gefühlt  eine sehr lange Stunde für mich. Ich hatte dann doch ein bisschen Angst davor, dass sie es nicht rechtzeitig schaffen könnte und wir das Baby alleine gebären müssten. 14 Minuten nach Ankunft von Martina ist unsere kleine, süße Tochter Philine Antonie geboren. Wir sind überglücklich und doch auch erstaunt wie schnell und unkompliziert die Geburt verlaufen ist. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mir nicht allzu viele Vorstellungen darüber gemacht habe, wie die Hausgeburt verlaufen soll. Ich habe kein extra Geburtszimmer eingerichtet, weder Musik oder Kerzen bereitgestellt, dafür hätte ich dann im Rückblick auch gar keine Zeit gehabt. Wahrscheinlich hatte ich auch Angst, dass es wieder nicht klappen könnte und ich dann sehr enttäuscht gewesen würde. 
Ich werde nun immer wieder gefragt, wie denn so eine Hausgeburt sei. Bestimmt erwartet man von mir eine spektakuläre Antwort, aber ich  empfinde die Geburt zu Hause als so normal und natürlich. Der Gedanke in ein Krankenhaus zu gehen, ist für mich nicht normal. Die Geburt ist natürlich genauso schmerzhaft wie eine Krankenhausgeburt, aber viel besser auszuhalten. Keiner bestimmt über dich, du kannst dich bewegen, wie du dich fühlst, wie es dir gut tut. Es sind nur die  Personen anwesend, die du dabeihaben möchtest. Keiner untersucht dich ständig oder du musst immer am Wehenschreiber angeschlossen sein. 
Am schönsten war es doch nach der Geburt. Ich lag mit meiner frischgeborenen Tochter im Bett, so glücklich über die Hausgeburt. Meine anderen Kinder kamen von der Oma herüber und haben Happy Birthday gesungen. Wir frühstückten und tranken Sekt an diesem Sonntagmorgen. Das war ein so großes Glücksgefühl und ich war dankbar über die Geburt und unsere Kinder  – einfach wunderbar – ein Wunder – jedes Mal aufs Neue.

Sabine und Oliver 
mit Daniel, Jakob, Lilly, Philine und Jannik im Herzen